Kardiochirurgie
In einer retrospektiven Studie wurden alle Patienten des Albertinen Herz- und Gefäßzentrums Hamburg untersucht, die im Rahmen einer isolierten Bypassoperation komplett arteriell unter ausschließlicher Verwendung beider Brustbeinschlagadern in den Jahren 2000 bis 2012 behandelt wurden. Insgesamt wurden 3445 Patienten entweder mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine, also on-pump (2216 Patienten), oder ohne den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und am schlagenden Herzen, also off-pump (1229 Patienten) operiert. Dabei lag die Rate an komplett arteriellen Operationen zuletzt bei 93%. Bei allen Patienten wurden beide Brustwandarterien skelettiert entnommen, also unter Schonung der Venen und Erhalt der arteriellen Kollateralzirkulation. Die linke Brustwandarterie wurden an ihrem Ursprung belassen und zur Versorgung der vorderen Koronaräste verwendet, die rechte Brustwandarterie wurde entnommen und als sogenanntes T-Graft in die linke Brustwandarterie eingepflanzt und damit die hinteren Koronararterien versorgt.
Schema der komplett arteriellen Koronarrevaskularisation
In der On-pump-Gruppe fanden sich im Vergleich zur Off-pump-Gruppe mehr männliche Patienten, mehr Patienten mit einem erhöhten Körpergewicht und Diabetes mellitus sowie Raucher. Außerdem fanden sich in der On-pump-Gruppe mehr Patienten mit einer eingeschränkten linksventrikulären Pumpfunktion und statistisch mehr Patienten mit einer koronaren Dreigefäßerkrankung. Dem gegenüber befanden sich in der Off-pump-Gruppe mehr Frauen, die Patienten waren statistisch signifikant älter und hatten in einem höheren Ausmaß schwere Verkalkungen in der aufsteigenden Hauptschlagader. Auch fanden sich in der Off-pump-Gruppe mehr Patienten mit einem Krebsleiden. Die koronare Ein- und Zweigefäßerkrankung kam in der Off-pump-Gruppe statistisch signifikant häufiger vor im Vergleich zur On-pump-Gruppe.
In der On-pump-Gruppe wurden statistisch signifikant mehr Bypasses angelegt (3,56 versus 3,04; p<0,001), was sich durch die statistisch signifikant höhere Rate an Dreigefäßerkrankungen in der On-pump-Gruppe erklären lässt. In der Off-pump-Gruppe erhielten statistisch signifikant weniger Patienten eine Fremdbluttransfusion (16% versus 27%, p<0,001). Auch war die Dauer der mechanischen Beatmung nach der Operation statistisch signifikant kürzer in der Off-pump-Gruppe (9,8 versus 11,9 Stunden; p<0,001). Auch die Länge des postoperativen Aufenthaltes auf der Intensivstation war in der Off-pump-Gruppe mit 2,8 Tagen statistisch signifikant kürzer als in der On-pump-Gruppe (3,1 Tage; p<0,001).
Die Untersuchung der Endpunkte der Studie einschließlich 30 Tage nach der Operation waren folgende: Die perioperative Mortalität war in der Off-pump-Gruppe mit lediglich 0,2% statistisch signifikant niedriger als in der On-pump-Gruppe mit 1,0% (p=0,006). Die Rate an postoperativen Komplikationen wie Myokardinfarkt, Schlaganfall, die Notwendigkeit einer erneuten Koronarrevaskularisation mittels Operation oder Ballondilatation, Nierenersatztherapie bei Nierenversagen oder postoperatives Delir war gering und es bestanden zwischen den beiden Gruppen keinerlei statistisch signifikante Unterschiede. Die Häufigkeit einer postoperativen Nachblutung war in der Off-pump-Gruppe statistisch signifikant niedriger als in der On-pump-Gruppe (1,1% versus 2,1%; p=0,027). Auch die Häufigkeit einer sternalen Wundinfektion war in der Off-pump-Gruppe statistisch signifikant niedriger (0,6% versus 1,7%; p=0,010). Die Rate an postoperativem Vorhofflimmern war in der Off-pump-Gruppe ebenfalls niedriger (29,6% versus 33,9%; p=0,007).
Bei der spät postoperativen Nachuntersuchung gab es keine größeren statistischen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Insgesamt wurden in der On-pump-Gruppe 228 Patienten (10,3%) und in der Off-pump-Gruppe 88 Patienten (7,2%) (p=0.002) im gesamten Nachuntersuchungszeitraum bei Beschwerden koronarangiographiert. Dabei wurden insgesamt 774 Bypassanastomosen in der On-pump-Gruppe und 244 in der Off-pump-Gruppe untersucht. Die Rate aller Bypassanastomosen mit dem Befund FitzGibbon A (weit offen, keine Stenosen) war in einem Gesamtuntersuchungszeitraum von 13 Jahren in der On-pump-Gruppe 89,8% und in der Off-pump-Gruppe 91,4% (p=0,464). Eine erneute Behandlung mittels interventioneller Techniken (PCI) in den bypassversorgten Gefäßen war in der On-pump-Gruppe mit insgesamt 2216 Patienten lediglich bei 4 Patienten erforderlich und in der Off-pump-Gruppe mit 1229 Patienten lediglich bei einem einzigen Patienten nötig. Eine Re-Operation war bei insgesamt 3445 Patienten über einen Zeitraum von 13 Jahren bei keinem einzigen Patienten erforderlich.
Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass die komplett arterielle Bypassversorgung unter Nutzung beider skelettierter Brustbeinschlagadern fast immer möglich ist. Die frühpostoperativen Ergebnisse und die Spätergebnisse bis zu 13 Jahre postoperativ sind hervorragend in beiden Gruppen. Das operative Ergebnis ist sehr dauerhaft und und nur sehr selten ist eine erneute Behandlung erforderlich. Die skelettierte Präparation der Brustwandarterie führt zu einer niedrigen Rate an Wundinfektionen. Wir halten die komplett arterielle Bypassversorgung unter Verwendung der bilateralen Arteria mammaria in der sogenannten T-Graft-Technik für den goldenen Standard in der Koronarchirurgie.
Neue Studie aus dem Albertinen Herz- und Gefäßzentrum: Komplett arterielle Bypassversorgung mittels beidseitiger Brustwandarterie – Frauen können genauso risikoarm Bypass-operiert werden wie Männer
Viele Studien der letzten Jahre berichteten über eine höhere Sterblichkeit und eine höhere Komplikationsrate bei Frauen im Vergleich zu Männern, wenn eingeengte oder verschlossene Herzkranzarterien im Rahmen einer Herzoperation mit Bypässen versorgt wurden.
In einer großen retrospektiven Studie wurden im Albertinen Herz- und Gefäßzentrum im Zeitraum von 2000 bis 2013 alle Patienten untersucht, die mittels beider Brustwandarterien Bypass-versorgt wurden. Bei allen Patienten wurden beide Brustwandarterien in der sogenannten T-Graft-Technik miteinander verbunden, um anschließend alle eingeengten oder verschlossenen Herzkranzarterien damit zu versorgen. Insgesamt wurden 3.445 Patienten entweder mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine (2.216 Patienten) oder ohne Herz-Lungen-Maschine am schlagenden Herzen (1.229 Patienten) operiert. Die Ergebnisse innerhalb der ersten 30 Tage wurden analysiert im Hinblick darauf, ob Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern bestanden.
Zwischen Männer und Frauen bestanden präoperativ Unterschiede bezüglich des Lebensalters, des Körpergewichts, des Ausmaßes der koronaren Herzkrankheit und der Pumpfunktion der linken Herzkammer. Die komplett arterielle Bypassversorgung mittels beidseitiger Brustwandarterie in T-Graft-Technik zeigte in allen Gruppen exzellente Früh- und Langzeitergebnisse mit niedriger Sterblichkeit und geringen Komplikationensraten. Die Bypassoffenheitsrate in allen Gruppen war gut und es wurde eine sehr niedrige Rate für eine erneute Behandlung an den Koronararterien beobachtet. Kein einziger Patient musste erneut operiert werden. Postoperativ fanden sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bezüglich Sterblichkeit und anderer Risikofaktoren innerhalb der ersten 30 Tage und im Langzeitüberleben sowohl in der Gruppe mit Herz-Lungen-Maschine als auch in der Gruppe ohne Herz-Lungen-Maschine. Jedoch fand sich in der Gruppe der Patienten, die mit Herz-Lungen-Maschine operiert wurden, eine bessere Bypassoffenheitsrate bei den Männern im Vergleich zu den Frauen.
Die Bypassversorgung mittels beider Brustwandarterien in der sogenannten T-Graft-Technik ist eine Methode, die exzellente Früh- und Langzeitergebnisse zeigt. Es fanden sich keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede in beiden Gruppen im Hinblick auf Sterblichkeit und weitere postoperative Risiken innerhalb der ersten 30 Tage nach Operation und auch nicht im Langzeitüberleben. Jedoch fand sich im Langzeitverlauf in der Gruppe der Patienten, die mit Herz-Lungen-Maschine operiert wurden, eine bessere Bypassoffenheitsrate bei den Männern im Vergleich zu den Frauen.
Das Albertinen-Krankenhaus und das Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus sind akademische Lehrkrankenhäuser der Universität Hamburg. Neben der bestmöglichen Patientenversorgung werden wissenschaftliche Projekte zur Verbesserung der Behandlungsmethoden durchgeführt. Folgende Studien wurden und werden unter anderem durchgeführt:
Albertinen Herz- und Gefäßzentrum
Albertinen Krankenhaus
Süntelstraße 11a
22457 Hamburg Schnelsen
Tel: 040 5588-2445
E-Mail
Die europäischen Leitlinien bestärken uns darin, möglichst alle unsere Koronarpatienten komplett arteriell zu revaskularisieren. Mehr erfahren >
Sechs Veranstaltungen für Patienten rund um Themen der Herzmedizin
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